Rezension von OStR Dr. Eleonora Babacek- Hübel zur Holschuld
Lesezeit: ungefähr eine Minute.
Dankbar für die ausführliche und tiefschürfende Stellungnahme zur Holschuld durch Martin Petrowsky möchte ich als Germanistin und langzeitige Deutschlehrerin einiges noch hinzufügen, da ja der Umfang des Werkes, seine Tiefe und Vielfalt ein wahres Vergnügen für eine Doktorarbeit sein müsste.
Warum „Roman des neuen Jahrhunderts“? Mander bricht mit Merkmalen berühmter Dichtungen des späten 20. Jahrhunderts. Er ist für mich ein „neuer Stifter“, ohne Epigone zu sein. Was sonst kaum in der sogenannten modernen Dichtung fehlt, ist die brutale Darstellung von Sex und Verbrechen. Allerdings auch bei Thomas Bernhard und Handke fällt ähnliche ehrfürchtige Menschendarstellung angenehm auf. Ich erinnere nur an die „rücksichtsvolle Lehrerin“ in T. Bernhards Ein Kind. Mander geht noch weiter: Welche Innigkeit und Zartheit in der Liebe zwischen Zisser und Rosa! Hier haben wir das Motiv der Entsagenden aus Klassik und Romantik in modernster Fassung! Zugleich aber ist Manders Roman eine Kriminalgeschichte auf höchster Ebene! Ein vorrangiges Thema ist auch die Religion – der Weg zu heutigem Glauben. Verknüpfung von Glaube und Astronomie. Wunderbares Bild von den Filamenten. Das ist Theologie des 21. Jahrhunderts. Großartige Charakterdarstellungen! Der Merker z. B. Jede Person lebt. Besonders stark auch die dichterische Technik: Unglaublich präzise Beschreibung von realen Vorgängen, z. B. das Fällen einer Pappel oder die Beschreibung von Werkzeug oder Steinmetzarbeit. In dieser Richtung wird selbst Handke übertroffen. In einem Punkt will ich M. Petrowsky widersprechen: Gerade die seitenlange Abschrift von Grabinschriften finde ich mutig in der Technik und sie vermittelt Lyrik der Gegenwart. Viele Neuerscheinungen habe ich in meinem Ruhestand gelesen. Nur für Mander möchte ich wieder in die Schule zurück, um Deutsch zu unterrichten. Die Schüler würden begeistert sein!
OStR Dr. Eleonora Babacek- Hübel, Klosterneuburg