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Laudatio für Professor Dr. Alfred Warnes

Lesezeit: ungefähr 4 Minuten.

Hoch verehrte Anwesende!

 

Im Kreis / um den Fackelschein / Hand in Hand: / wir sind alle gleich, / kein Spieglein an der Wand / sucht nach der Schönsten im Land.

 

Solche Worte finden sich in den Büchern, die Alfred Warnes geschrieben hat. Welche Wohltat! Wir sind alle gleich, kein eitles Spieglein quält. Möge diese Feierstunde in solchem Glück verlaufen, zu dem der Dichter uns befreit. Ich füge diesem Eingangszitat sieben weitere bei, die die Bescheidenheit unseres verehrten Freundes zeigen – und sie für unser Glück wirksam machen:

 

Die Zeit ließ die Töne / des Stolzes verstummen.

 

Sich selbst abhorchen, / ehrlich und ohne Pochen / auf Vorzugsstellung, / fördert andere Dinge zutage.

 

Denn angesichts / der Gesamtheit / der Kenntnis-Möglichkeiten / gilt objektiv und wertfrei / die uralte Sentenz: / Keiner weiß mehr!

 

Elitärer Dünkel / kann weder Glücksgefühl / noch Selbstachtung / bewirken.

Den Vorteil aufzeigen, / den Hinwendung bedeutet, / Abkehr von Selbstgerechtigkeit.

 

Über die Abhängigkeit der / menschlichen Würde / von ein paar Minuten / Sauerstoffzufuhr während der Geburt / oder vom Funktionieren eines / altersbedingt erschlafften Schließmuskels.

 

Er räumte Vorurteile zur Seite, / machte aus Weiß und Schwarz / ein unauffällig gerechtes Grau /… der Verbrüderung mit affektgeladenen Menschen.

 

Rettungsinseln, die man / mit letzter Kraft sich erruderte oder erschwamm / und die …das Lied vorsingen / von Geborgenheit /…von langen, ruhigen, schmerzfreien Abenden oder Herbsten.

 

So spricht der im kommenden August 75-jährige, dessen Leistung für die Gemeinschaft vier Gebiete umfasst: Den pragmatischen Berufsdienst als Jurist und Beamter im Öffentlichen Dienst, wo er höchst qualifiziert mit wohltätiger Arbeit sein Brot verdiente. Dispositiv wirkte er auf das zeitgenössiche Kulturschaffen mit seinen jahrzehntelang für die Amtliche Wiener Zeitung verfassten Rezensionen. Deren Sammlung entspräche einem mehrbändigen Lexikon. Konstitutiv für das Literaturgeschehen war sein Wirken als Präsident des Österreichischen Schriftstellerverbands von 2001 bis 2009. Dessen Veranstaltungen sind Spitzenereignisse sowohl für Schreibende wie Lesende und Hörende. Die einfühlsamen Erklärungen für die auftretenden Autorinnen und Autoren sind legendär. Und so mancher Vortragende erinnert sich des anerkennenden Telefonanrufs am nächsten Morgen, mit dem ihm sein Präsident nochmals Dank und Zuspruch schenkte. Alfred Warnes lebt und wirkt nämlich aus aufmerksamer, reicher Wirklichkeitsnähe. Hierzu trage ich drei weitere Zitate aus seinen Schriften vor:

 

Beispiele für die Allmacht / der Pflichterfüllung und des Notwendigen: / Die Pünktlichkeit der Schichtablöse / bei Winterstürmen und Glatteis, / das Nicht-Zögern der Buslenker, der Schneefräser und Streufahrer, / der Ärzte und des Pfarrers, / der Lebensmittelhändler und Postboten, / der Bauarbeiter und Holzfäller, / der Lehrerinnen und Schüler, / der Kindergärtnerinnen und Mütter, / der freiwilligen Feuerwehrleute…

 

Man überlebte die Härte der Jahreszeiten, / indem man vorausschauend / an die Tücken der nächsten dachte, / im Herbst Brennholz zubereitete / und Wintervorrat sammelte / und beim Frost / im Gedanken an das Tauwetter / rechtzeitig dazu sah,  / dass sich die Abflüsse / nicht verstopften.

 

Manchmal eine gut funktionierende und Glück habende Wach- und Schließgesellschaft für wichtiger halten als Wortwendungen und Sätze, die sich letztlich als nichts anderes entpuppen als poetische Watte.

 

Schließlich, viertens, ist die substantielle Zuwendung des Autors Alfred Warnes an uns Zeitgenossen zu bezeugen, sein literarisches Werk: Die 7 Bücher umfassen zwischen 1967 und 2007, also in 40 Jahren etwa 500 Druckseiten,  also 12 hoch veredelte Seiten jährlich, die etwa unter folgenden Titeln erschienen sind: „Lieder der Nüchternheit, Training im Selbstbelauern, Walmdach, Windwurf, Hundegebell, Kaltenleutgebner Notizen, Ortsfestes Hoch – Tief.“ Hieraus 12 Zitate, ausgewählt auf der Suche nach der großen Konfession des Alfred Warnes im goetheschen Sinn, denn immerhin findet sich bei ihm auch der Imperativ: „Es geht …um die lyrische Kontinuität von Goethe und Hölderlin“:

 

Ich bin als einer, der selbst schreibt, oft verärgert über die Errungenschaften eines feuilletonistisch-hemdärmeligen Humors, der an die tausend Neuerscheinungen von Büchern eines einzigen Jahres im Sauseschritt durchnimmt, die ernsthaften Bestrebungen vieler Autoren um einer lahmen Pointe willen abzutun, abzukanzeln, lächerlich zu machen.

 

Wer unzusammenhängend lebt und zusammenhängend spricht, der ist ein Lügner.

 

Täglich lag er / achtzehn Stunden / im Bett, / die restlichen sechs / saß er / auf der Bettkante…

 

…die Verhaltensauffälligkeit / der noch Lebenden…

 

Wo sind die Gewissheiten / für die gefahrlose Berührung?

 

Darüber hinwegkommen, / dass man / aus seinem Leben / eigentlich/ nichts gemacht hat.

 

Noch nie habe ich / einen Papierdrachen / zum Steigen gebracht.

 

Das Entfallen / der Wörter / beim Anblick / der Dinge.

 

Schatztruhen…/ beatmet / von … Verschweigung.

 

Zwischen warmer Seele / und heiliger Krankheit / treiben sie  ihr Handwerk / …gegen die Verzweiflung / von innen heraus.

 

Das nicht Ausgesprochene / zwischen den Menschen / ist die Wahrheit.

 

Dann holte er / aus dem Zettelkasten / die Wörter / und stellte / die Bedeutungen her.

 

So ist es, sehr verehrte Damen und Herren: Er holt die Wörter hervor und stellt die Bedeutungen her. Nur der Dichter schafft die Be-Deutung für unser aller tägliches Dasein. Der poeta doctus Alfred Warnes schafft materiebildende Lichtblitze analog dem Teilchenbeschleuniger in der subatomaren Technik. Er hat die Literaturenergie studiert, ihre weltschaffende und –erhaltende Gravitation weitergeführt. Dass er heute die Qualität des „Bekenners“ von unserem Staat bestätigt und mit dem Titel „Professor“ besiegelt erhält, gereicht dem Menschen, dem Dichter Alfred Warnes, aber auch der Allgemeinheit, die wir gemeinsam sind, zur schönsten Ehre.         

Heute sei die Schatztruhe geöffnet und beatmet von Freude!